Eine Person spricht mit einem Polizisten über einen Fahrradunfall.
Fahrradunfall – was tun, wenn Sie in einen Fahrradunfall verwickelt sind? Photographee.eu - stock.adobe.com

Fahrradunfall: Was du beachten solltest

Was sind die häufigsten Unfallursachen – und wie kannst du dich bestmöglich davor schützen? Was du im Fall der Fälle wissen solltest.

  • 5 Min.
  • 27/06/2019 - 09:51
  • Jan von linexo
Inhaltsverzeichnis
  • Auf einen Blick

Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 79.826 Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Fahrrädern verzeichnet. Nur relativ wenige dieser Unfälle endeten tödlich, aber viele der betroffenen Radfahrer erlitten Verletzungen. Wie sollte man eigentlich vorgehen, wenn man in einen Fahrradunfall verwickelt ist? Musst du auf jeden Fall die Polizei benachrichtigen? Wer zahlt für entstandene Personen- und Sachschäden? Hast du eventuell ein Anrecht auf Schmerzensgeld? Erlischt der Versicherungsschutz, wenn du während des Fahrradunfalls keinen Helm getragen oder Alkohol zu dir genommen hast? Welche Verletzungen zieht ein Fahrradunfall in der Regel nach sich? Und nicht zuletzt: Was sind die häufigsten Unfallursachen – und wie kannst du dich bestmöglich davor schützen? Unser Beitrag beantwortet diese Fragen und gibt dir weitere wichtige Informationen.

Fahrradunfall: Muss man die Polizei rufen?

Die eindeutig meistgestellte Frage im Zusammenhang mit einem Fahrradunfall soll gleich zu Beginn beantwortet werden, wenn auch nicht mit „Ja“ oder „Nein“, sondern mit: „Das kommt darauf an.“ Es gibt keine gesetzliche Vorschrift dahingehend, die Polizei bei jedem Unfall zu alarmieren. Bei Bagatellschäden ist es nicht nur legitim, sondern sogar sinnvoll, auf einen Polizeieinsatz zu verzichten – das spart Zeit und Umstände für alle, die am Unfall beteiligt sind. Ist ein schwerer Sachschaden entstanden oder, schlimmer noch, ein Personenschaden, solltest du auf jeden Fall die Polizei rufen. Bist du selbst der Unfallverursacher und tust dies nicht, besteht die Möglichkeit, dass der Geschädigte nachträglich eine Anzeige erstattet – und dann könnte es sein, dass du wegen Verkehrsunfallflucht belangt wirst, ein Vergehen, für das die deutsche Rechtsprechung empfindliche Strafen vorsieht. Tatsächlich gibt die Polizei selbst häufig den Rat, auf das Bauchgefühl zu hören: Herrscht Einvernehmen über Unfallursache und Schuldfrage, reicht es in der Regel aus, die Personalien auszutauschen und den Rest der Versicherung zu überlassen. Gibt es Streit bezüglich Unfallhergang oder Unfallschuld oder weigert sich der Unfallgegner, seine Daten herauszugeben, ist es ratsam, die Polizei hinzuzuziehen. Dasselbe gilt, wenn du dich unter Druck gesetzt fühlst, Einschüchterungsversuche gegen dich unternommen werden oder du gar den Eindruck hast, dass der Fahrradunfall provoziert wurde. Und falls du vermutest, dass der Unfallgegner alkoholisiert oder berauscht ist, solltest du den Unfall auf jeden Fall bei der Polizei melden.

Fahrradunfall: So verhältst du dich richtig

Fahrradunfall – was tun? Wenn du als Geschädigter oder Verursacher in einen Fahrradunfall verwickelt bist, solltest du hinsichtlich der Vorgangsweise einige wichtige Punkte beachten. Dabei ist das Vorgehen selbstverständlich von der Art und Schwere des Unfalls abhängig:

Bewahre die Ruhe: Natürlich ist ein Fahrradunfall eine Ausnahmesituation für jeden Radfahrer. Umso wichtiger ist es, dass du den Überblick behältst und besonnen vorgehst!

Halte die Rettungskette ein: Ob du nun selber an dem Fahrradunfall beteiligt bist oder nicht: Hilf dabei, eine Rettungskette zu bilden!

  • Unfallstelle unter Berücksichtigung der eigenen Sicherheit absichern
  • Notruf alarmieren (die Polizei wird in der Regel automatisch vom Rettungsdienst verständigt)
  • Erste Hilfe leisten

Gegebenenfalls die Polizei rufen: Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt, hängt dieser Schritt von den beim Fahrradunfall entstandenen Schäden ab, bzw. vom Verhalten des Unfallgegners.

Unfallstelle und Schäden dokumentieren: Fotos des Unfallorts und der Schäden können im Zweifelsfall Informationen zum Unfallhergang geben und sind darüber hinaus wichtig für die Schadensregulierung.

Zeugen sichern: Falls es Zeugen für den Unfall gibt, solltest du diese ansprechen und deren Kontaktdaten notieren.

Daten des Unfallgegners erfassen: Es ist für die Schadensabwicklung zwingend notwendig, die Personalien auszutauschen. Lass dir von einem PKW-Fahrer Führerschein und Fahrzeugpapiere zeigen und notiere dir Namen und Anschrift vom Personalausweis. Letzteres gilt auch auch bei Fußgängern und Fahrradfahrern.

Unfallbericht erstellen: Wenn die Situation es zulässt, sollte ein Unfallbericht mit allen relevanten Angaben (Hergang, Personen, Zeitpunkt des Unfalls) erstellt werden, den alle am Unfall Beteiligten unterschreiben.

Verletzungen attestieren lassen: Falls du bei dem Unfall verletzt wurdest, solltest du nach Klärung der oben genannten Formalien schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen, der dich untersucht und deine Verletzungen attestiert. Es ist möglich, dass du die Schwere der Verletzungen aufgrund eines Schocks nicht richtig eingeschätzt hast – und außerdem ist ein Attest in Hinblick auf eventuelle Spätfolgen und nicht zuletzt für Schmerzensgeldansprüche wichtig.

Fahrradunfall: Welche Versicherung zahlt die Schäden?

Fahrradunfall – wer zahlt? Es gibt keine gesonderte Fahrradunfall-Versicherung. Welche Versicherung für die Regulierung zuständig ist, hängt davon ab, welches Verkehrsmittel der Verursacher während des Unfalls genutzt hat:

  • Bei einem Fahrradunfall mit einem Auto ist die KFZ-Versicherung zuständig, wenn der Autofahrer den Unfall verursacht hat.
  • Hat ein Radfahrer einen anderen Fahrradfahrer geschädigt, springt die Privathaftpflichtversicherung ein.
  • Auch für von Fußgängern verschuldete Unfälle zahlt die Privathaftpflicht.
  • Hast du einen Unfall verursacht und wurdest dabei selbst verletzt, ist deine Unfallversicherung gefragt.
  • Bei von einem KFZ verursachten Unfällen, deren Fahrer entweder Verkehrsunfallflucht begehen, das Auto nicht versichert haben, insolvent sind oder ihr KFZ vorsätzlich als Waffe eingesetzt haben – in all diesen Fällen zahlen die KFZ-Versicherungen nicht – ist es möglich, sich an die Verkehrsopferhilfe zu wenden. Die VOH ist eine Einrichtung der deutschen Autohaftpflichtversicherer, deren Ziel es ist, Lücken im deutschen Pflichtversicherungsgesetz zu schließen. Mehr dieser Vereinigung erfährst du unter Verkehrsopferhilfe.de.

Unabhängig davon, durch welches Verkehrsmittel du geschädigt wurdest: Ist die Schuldfrage geklärt, dann nimmst du schnellstmöglich Kontakt zu der zuständigen Versicherung des Unfallgegners auf. Stell der Versicherung dabei alle relevanten Unterlagen zur Verfügung (z. B. Fotos, Unfallbericht, ärztliches Attest, evtl. Kaufquittungen für Fahrrad, Zubehör und Kleidung, Kontaktdaten der Zeugen, Kostenvoranschlag für Reparaturen etc.). Handelt es sich bei dem Fahrradunfall um einen sogenannten Wegeunfall (auf dem Weg von Zuhause zur Arbeit und zurück) muss dieser zudem der gesetzlichen Unfallversicherung gemeldet werden.

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Fahrradunfall: Kann die Versicherung die Zahlung verweigern? chalabala.cz - stock.adobe.com

Fahrradunfall: Kann die Versicherung die Zahlung verweigern?

Es gibt eine Reihe von Gründen, die die Versicherungsleistung beeinflussen:

  • Alkoholeinfluss: Wer unter Alkoholeinfluss einen Fahrradunfall verursacht, riskiert, dass die Versicherung ihre Leistungen reduziert oder sogar streicht. Darüber hinaus ist es möglich, dass der PKW-Führerschein entzogen wird.
  • Fahren auf der falschen Fahrbahnseite: Auch als Radfahrer bist du dem Rechtsfahrgebot verpflichtet. Bist du auf der falschen Fahrbahnseite unterwegs, zieht das möglicherweise eine Mitschuld nach sich, die zu einer entsprechenden Haftungsverteilung führt.
  • Kopfhörer: Es gibt kein Gesetz dagegen, beim Radfahren Musik über Kopfhörer zu genießen– solange diese den Straßenverkehr und entsprechende Signale nicht übertönt. Geschieht ein Fahrradunfall, weil die Musik zu laut war und du nicht richtig hören konntest, ist es möglich, dass sowohl Unfall- als auch Privathaftpflichtversicherungen die Schadenszahlungen reduzieren.

Oft wird die Frage gestellt, ob die Versicherung auch bei einem Fahrradunfall zahlt, wenn kein Helm getragen wurde. Zurzeit gibt es in Deutschland keine Helmpflicht für Radfahrer, daher hat ein fehlender Helm keinen Einfluss auf die Versicherungsleistung. Dennoch ist das Tragen eines Helms natürlich dringend anzuraten, da du sonst gefährliche Kopfverletzungen oder Schlimmeres riskieren.

Fahrradunfall: Steht dir Schmerzensgeld zu?

Ob du Schmerzensgeld erhältst oder nicht, ist maßgeblich von der Schwere des dir entstandenen Schadens abhängig. Generell ist es möglich, Schmerzensgeld für einen Fahrradunfall zu bekommen, aber eine winzige Schürfwunde verursacht ja nun einmal keine Schmerzen im eigentlichen Sinne. Handelt es sich um gravierende Verletzungen, ist es allerdings sinnvoll, Schmerzensgeldansprüche zu stellen. Ratsam ist, sich dafür die Unterstützung eines Anwalts für Verkehrsrecht zu sichern. Verfügst du über eine Rechtschutzversicherung, kommt diese für das Honorar auf. Doch auch ohne eine entsprechende Versicherung kann sich ein professioneller Anwalt für dich lohnen, da er dir dabei helfen kann, über das Schmerzensgeld hinaus Verdienstausfälle, Haushaltsführungsschäden, unfallbedingte Mehraufwendungen und andere Schäden geltend zu machen.

Fahrradunfall: Wo lauern die größten Gefahren?

2018 gab es in Deutschland 15 Prozent mehr Fahrradunfälle als im Vorjahr – laut Statistischem Bundesamt starben im letzten Jahr auf deutschen Straßen 455 Radfahrer (89 davon mit E-Bikes), eine ebenso traurige wie beunruhigende Bilanz. Wie ist die starke Zunahme schwerer Unfälle mit Zweirädern zu erklären? Und welches sind Situationen, in denen es besonders häufig zu einem Fahrradunfall kommt?

  • Zunahme der (Fahrrad)Verkehrsdichte: Gerade auf städtischen Straßen wird es langsam eng. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland sage und schreibe weitere 4,2 Millionen Fahrräder verkauft, ein Viertel davon E-Bikes, die mit PKW und LKW um den vorhandenen Platz konkurrieren.
  • Unzureichende Fahrrad-Infrastruktur: Es gibt viele Bordsteinradwege, die nur mühsam einsehbar und noch dazu in schlechtem Zustand sind. Radfahrstreifen neben der Straße sind in der Regel sehr schmal und häufig zugeparkt, an Baustellen muss auf die Straße ausgewichen oder geschoben werden. Auch geteilte Wege für Fußgänger und Radfahrer sind allein schon aufgrund des mangelnden Platzes Steilvorlagen für einen Fahrradunfall.
  • Brandgefährlich: Kreuzungs- und Abbiegebereich: Immer wieder kommt es an diesen Stellen zu schweren Kollisionen, weil LKW- und PKW-Fahrer, die nach rechts abbiegen, geradeausfahrende Radfahrer schlichtweg übersehen. Nicht selten ist es gerade diese Art von Fahrradunfall, die tödlich für den Zweiradfahrer ausgeht.
  • Überholvorgänge und fehlender Abstand: Echte Klassiker für Unfälle im Straßenverkehr unter Zweiradfahrern: Rücksichtsloses Überholen oder zu wenig Abstand halten kann zu einem ernsthaften Fahrradunfall führen.
  • Zu hohe Geschwindigkeit: Auch dies gilt generell für alle PKW, LKW und Fahrräder, allerdings ist ein deutlicher Anstieg von schweren Unfällen bei Elektro-Fahrrädern zu verzeichnen, insbesondere bei älteren Menschen. Oftmals wird hier die Geschwindigkeit unterschätzt, was schnell zu einem Fahrradunfall führt. Viele Experten befürchten, dass mit Freigabe der Radwege und Straßen für E-Scooter ein weiteres Gefährdungspotenzial hinzukommen wird. Weitere Informationen zum Thema E-Scooter findest du übrigens in unserem Beitrag E-Scooter: Welche verbindlichen Regeln gibt es?

Fahrradunfall: Welche typischen Verletzungen gibt es?

Besonders häufig sind Verletzungen an Armen und Beinen, sie machen 60 Prozent aller körperlichen Schäden aus. Die Bandbreite reicht von oberflächlichen Verletzungen wie kleineren Schürfwunden, Hämatomen und Prellungen über Knochenbrüche an Handgelenken, Unterarmen und Beinen bis hin zu Beckenbrüchen, insbesondere bei älteren Menschen. Viele schwere Verletzungen gibt es auch im Brustraum, speziell Rippenbrüche, Bauchtraumata und Brustkorbverletzungen. Verletzungen am Kopf liegen bei ‚nur’ 25 Prozent, machen aber gleichzeitig 70 Prozent der lebensgefährlichen Verletzungen aus. Dabei ist zu bemerken, dass die Art und Schwere der Verletzungen stark von der körperlichen Kondition und dem Alter des Betroffenen abhängt: Junge und trainierte Menschen sind deutlich weniger anfällig für Frakturen und stürzen oft nicht so schwer wie untrainierte und ältere Menschen. Übrigens ziehen insbesondere Zusammenstöße von zwei Radfahrern die schwersten Verletzungen nach sich – bei einem solchen Fahrradunfall gibt es keine Knautschzone.

Fahrradunfall: So kannst du dich schützen

Zum Schluss möchten wir dir noch ein paar Tipps mit auf den Weg geben, die dich vor einem Fahrradunfall bewahren oder dessen Schwere mindern können. Natürlich birgt die Teilnahme am Verkehr immer Risiken, denn schließlich bist du nicht allein auf der Straße. Aber wenn du ein paar Dinge beachtest, kannst du die Gefahr, in einen Fahrradunfall verwickelt zu werden, deutlich verringern:

  • Finger weg vom Alkohol: Abgesehen davon, dass du eine Teilschuld oder sogar einen Führerscheinentzug riskierst, wenn du bei einem Fahrradunfall unter Alkoholeinfluss stehst, vermindert Alkohol bereits in kleinen Mengen das Reaktionsvermögen. Deshalb solltest du optimalerweise das Fahrrad vom Biergarten nach Hause schieben.
  • Fuß vom Gas: Ob du nun mit dem Fahrrad oder dem E-Bike unterwegs bist: Fahre nur so schnell, dass du den Überblick behältst und rechtzeitig bremsen kannst. Das kann so manchen Fahrradunfall verhindern.
  • Sanfter Umstieg auf das E-Bike: Wenn du dir gerade ein E-Bike zugelegt hast, dann übe erst einmal ein bisschen, beispielsweise auf einem Parkplatz. Es hat ein anderes Fahrverhalten als herkömmliche Zweiräder.
  • Bleib auf der richtigen Seite: Als Geisterradler wirst du viel häufiger übersehen – nutze den Radweg also nur in der Gegenrichtung, wenn er durch entsprechende Schilder und/oder Pfeile auf dem Weg für die Nutzung beider Richtungen freigegeben ist.
  • Licht an: Mit Licht siehst du besser – und vor allen Dingen wirst du besser gesehen. Deshalb solltest du immer darauf achten, dass deine Beleuchtungsanlage funktioniert und diese auch nutzen.
  • Hauptsache Helm: Wie bereits erwähnt, gibt es in Deutschland für Radfahrer keine Helmpflicht. Insbesondere Jugendliche und ältere Erwachsene verzichten auf diesen Schutz, die einen, weil sie es uncool finden, die anderen, weil sie es nicht gewohnt sind. Jeder vierte Fahrradunfall führt zu schweren Kopfverletzungen wie Schädelhirntraumata, die im Vergleich am häufigsten tödlich enden. Fast 70 Prozent dieser Todesfälle könnten durch das Tragen eines geeigneten Fahrradhelms verhindert werden. Also: Helm auf, auch wenn die Frisur darunter leidet! Generell bist du mit einer besonnenen, vorausschauenden Fahrweise immer am besten beraten. Verzichte lieber einmal auf deine Vorfahrt, als einen Fahrradunfall zu provozieren! Wenn alle Verkehrsteilnehmer ein bisschen Rücksicht aufeinander nehmen, entspannt das die Gesamtverkehrslage – und führt im Endeffekt zu weniger Unfällen.